Heute stieß ich auf ein Gedicht von Rilke, genauer gesagt auf die vertonte Version von Schönherz & Fleer – Rilke Projekt – Liebes-Lied. Die zarten Klänge durchdringen meinen Raum und formen eine Dauerschleife, während ich diese Zeilen verfasse.

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In der Reflektion über das Wochenende und im Austausch mit einem lieben Menschen, wird mir bewusst, wie ich mich in der Hierarchie meiner Gefühle verliere. Es fasziniert mich, dass meine Seele mächtig ist, während mein Kopf scheinbar die Kontrolle verliert. Zwei Teile von mir, die in ihrer Greifbarkeit nicht gleich sind.

Rilkes Liebeslied hallt in meinen Gedanken wider, wenn ich darüber nachdenke, wie ich meine Seele weiter von meinem „Ich“ entferne. Die Worte suchen nach einem Ort, an dem meine Seele sich verlieren kann, meine Gefühle einen Ort finden, fernab von den Tiefen der Emotionen, die meine Gedanken erschaffen.

Ich erkenne, dass unser wahres „Ich“ die Seele ist. Gedanken formen nicht unsere Identität, sondern sind formbare Teile unseres Seins. Die vermeintliche „Macht“ liegt oft fälschlicherweise in den Gedanken, und wenn die Gefühle ihre Melodie spielen, empfinden wir Kontrollverlust. Dabei dürfen wir auf diese Melodie hören.

Vielleicht liegt die wahre Macht darin, bewusst zu lernen, die Dinge, über die wir keine Kontrolle haben, genauso als Teil von uns anzusehen wie die bewusst erschaffenen Gedanken.

Rilkes Liebeslied dient als poetischer Hintergrund, der die emotionale Achterbahn des Lebens einfängt. Zwischen den Saiten dieses Liebeslieds stehe ich nun und erkenne, dass die Melodie meiner Seele genauso wichtig ist wie die Macht meines Verstandes – „ein Bogenstrich, der aus zwei Saiten eine Stimme zieht. Auf welches Intrument sind wir gespannt? Und welcher Geiger hat uns in der Hand?“.

Es sind wir, die lernen dürfen auf die Melodie unserer eigenen Existenz zu hören und die Macht in der Akzeptanz zu finden.

Herzensgrüße Stefan

Wie soll ich meine Seele halten, daß
sie nicht an deine rührt? Wie soll ich sie
hinheben über dich zu andern Dingen?
Ach gerne möcht ich sie bei irgendwas
Verlorenem im Dunkeln unterbringen
an einer fremden stillen Stelle, die
nicht weiterschwingt, wenn deine Tiefen schwingen.
Doch alles, was uns anrührt, dich und mich,
nimmt uns zusammen wie ein Bogenstrich,
der aus zwei Saiten eine Stimme zieht.
Auf welches Intrument sind wir gespannt?
Und welcher Geiger hat uns in der Hand?
O süßes Lied.

Rainer Maria Rilke

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