Tantra lässt sich nicht einfach nebenbei praktizieren. Es braucht Zeit, Raum und die Kapazität, wirklich präsent zu sein. Es ist ein bewusster Schritt, dich selbst in deinem Alltag wahrzunehmen. Es ist Achtsamkeit, die du dir schenkst, die bewusst macht, was gerade ist. Vielleicht hilft dir eine kleine Micro-Meditation, um diesen Moment wirklich zu fühlen: Jetzt koche ich. Jetzt laufe ich. Jetzt bin ich traurig. Jetzt bin ich glücklich.
Der Atem ist dabei ein wundervoller Anker. Er ist immer da, immer verfügbar und kann dich jederzeit zurückholen. Mit jedem bewussten Atemzug trittst du in Kontakt mit dir selbst – und dieser Kontakt schafft erst die Grundlage für echte Verbindung mit anderen. Es geht dabei nicht darum, alles zu verstehen, was in dir geschieht. Es geht darum, es zu fühlen. Die Emotionen, die kommen, wollen nicht analysiert werden, sondern einfach akzeptiert.
Manchmal fragst du dich vielleicht, was ein bestimmtes Gefühl mit dir macht. Was hat es ausgelöst? Was war dein Anteil daran? Es ist ein Moment des Innehaltens, um zu erkennen, dass Unterschiede nicht gelöst, sondern akzeptiert werden wollen. Zwischen dem, was passiert, und dem, wie du darauf reagierst, gibt es diesen kleinen Raum. Und genau hier, in dieser Langsamkeit, liegt die Möglichkeit, wirklich zu fühlen, anstatt nur zu funktionieren.
Du spürst vielleicht: Wo kommt das her? Was hilft mir? Was schadet mir? Dieser Prozess braucht keine Eile, nur deine Bereitschaft, hinzuschauen und zu spüren.
Am Ende dieser Achtsamkeit kannst du dir selbst eine Berührung schenken. Leg deine Hand auf dein Herz. Die andere auf dein Bauchraum unterhalb des Nabels. Und dann spür einfach. Spür die Verbindung zwischen diesen beiden Zentren, die so oft getrennt voneinander wirken, und doch Teil von einem Ganzen sind. Erlaub dir, den Raum zwischen ihnen wahrzunehmen. Atme hinein. Fühle hinein. Und lass dich einfach sein.
Intimität bedeutet, wirklich in Kontakt zu sein – nah, präsent, bewusst. Es ist dieses ehrliche, authentische Miteinander, bei dem du dich selbst genauso spürst wie dein Gegenüber. Eine Nähe, die nichts einfordert, sondern einfach da ist.
Tantrische Sexualität geht noch einen Schritt weiter. Sie lädt dich ein, dich in vollem Bewusstsein zu begegnen – mit allem, was du bist. Es ist ein Raum, in dem Worte oft nicht mehr nötig sind, weil die Verbindung durch Präsenz entsteht. Dabei geht es nicht nur um Körperlichkeit, sondern um das tiefe Vertrauen, das wächst, wenn du bereit bist, Brücken zu bauen. Brücken, die dich und den anderen tragen. Brücken, die Sicherheit geben, damit du dich zeigen kannst – so, wie du bist.
Es ist kein Weg, der nur Genuss verspricht. Es ist ein Weg, der dich fordert, deine Masken abzulegen und dich einzulassen. Und gerade darin liegt die Schönheit: dich und den anderen in eurer Ganzheit zu fühlen, ohne zu werten. Einfach nur da sein – präsent, nah, verbunden.
Es geht nicht darum, einem geraden Weg zu folgen, nicht darum, ein Ziel vor Augen zu haben oder einen bestimmten Zustand zu erreichen. Tantra lädt dich ein, aus der Linearität auszusteigen und im Moment zu verweilen. Es geht darum, ganz bei dem zu sein, was jetzt gerade ist – ohne den Drang, es zu verändern oder irgendwohin zu lenken.
Sich selbst zu beobachten, mit Neugier und ohne Urteil, ist ein zentraler Aspekt. Du wirst Zeuge deines eigenen Seins, deines Atems, deiner Gefühle, deiner Gedanken. In dieser Achtsamkeit erkennst du: Der Moment ist immer genug. Es gibt nichts zu erreichen, nichts zu beweisen – nur dich selbst, so wie du gerade bist.
Das lineare Denken, das nach vorne strebt, das analysiert und bewertet, tritt dabei in den Hintergrund. Stattdessen öffnet sich ein Raum, in dem du einfach bist. Ein Raum, der Freiheit schenkt, weil du nichts sein musst, außer präsent. Hier entsteht die Verbindung – mit dir selbst und mit allem um dich herum.
Herzensgrüße Stefan